Antragsbegründungen und weitere Redebeiträge seit August 2012
Anträge, deren Anliegen in der Öffentlichkeit noch einmal besonders hervorgehoben werden sollen,
werden üblicherweise in der Bezirksverordnetenversammlung vor der allgemeinen Diskussion durch die
einreichende Fraktion begründet. Von dieser Gelegenheit nehme ich hin und wieder Gebrauch, kann man
dann doch noch einige weitere Fakten sowie persönliche Gedanken nennen, um die Bedeutung des
Antrags für die Bürgerinnen und Bürger klarer zu machen. Und natürlich positioniere ich mich
entweder im Auftrag der Fraktion oder aus eigenem Antrieb zu Anträgen anderer Fraktionen sowie weiteren
Redebeiträgen – eine Auswahl davon finden Sie hier.
Sehr große Aufregung hat die von der HOWOGE geplante Bebauung der
Paul–Zobel–Straße verursacht – mit Recht.
- Es hat sich eine Bürgerinitiative gebildet, die solidarisch von Bürgern der
Ilsestraße unterstützt wird.
- Das Thema stand sowohl im Ausschuss Ökologische Stadtentwicklung als auch in der BVV mehrere Male
auf der Tagesordnung – die Bürger nahmen ihr Rederecht in
beiden Gremien in Anspruch.
Da es sich um ein Thema von großer Bedeutung für weitere Baumaßnahmen handelt, die
Bürgerinitiative seit Monaten um die Bewahrung ihrer Lebensqualität in dem ohnehin schon mehrfach
belasteten Gebiet kämpft, sah ich mich im Juni, Juli und September diesen Jahres veranlasst, dazu
meine Position deutlich zu machen:
- Mein erster spontaner Redebeitrag auf der BVV vom 16. Juni 2016 zu den Drucksachen
DS/2032/VII Bebauung des Innenhofs Paul–Zobel–Straße 10 sowie zur DS/2033 Bebauung von
Innenhöfen in der Großsiedlung (beide redaktionell bearbeitet)
Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,
als ich diese beiden Anträge* der Linksfraktion gelesen hatte, wurde ich an meinen Antrag aus dem letzten Jahr erinnert. Dort hatte ich beantragt, was ja dann auch
beschlossen worden war, dass das Bezirksamt alle Baufelder mit Bebauungsplänen sichern soll, wo potenziell eine Wohnbebauung möglich wäre. Dieser Antrag war
seinerzeit entstanden, nachdem neben dem Gustavohaus ein weiteres Gebäude errichtet werden sollte. Man berief sich dabei auf den §34 Baugesetzbuch, wonach einzig die
spannungsfreie Einordnung in die umliegende Bebauung zu gewährleisten ist. In diesem Fall 10– und 11–Geschosser, was damals ja schon große Kritik
hervorgerufen hatte.
Diesen Antrag haben wir nach meiner Erinnerung im Dezember beschlossen, und zwar auf der Liste der Drucksachen ohne Aussprache, nachdem wir ihn im Ausschuss Ökologische
Stadtentwicklung nach einigen Vertagungen einstimmig beschlossen hatten. Ungefähr zeitgleich im Herbst 2015 hatte uns die Wohnungsbaugesellschaft dieses Projekt Bebauung des Innenhofs Paul–Zobel–Straße 10 im Ausschuss
vorgestellt. Dort erfuhren wir also das erste Mal von dem Vorhaben, die kleine Grünfläche in der Paul–Zobel–Straße mit 2 Wohntürmen und einem Querriegel
zu bebauen.
Weil ich erfahren hatte, dass dieses Vorhaben unter der dortigen Bewohnerschaft große Kritik hervorgerufen hatte, bin ich hingefahren, habe mir die Situation vor Ort
genau angeguckt und auch mit dem Geschäftsführer der Bluebox nördlich von diesem Gelände gesprochen. Er hatte uns danach im Ausschuss eine Präsentation über die Verschattung ihres Geländes durch die Wohntürme gezeigt. Er wies darauf hin, dass der
Träger der Bluebox nicht wusste, dass später südlich ihres relativ kleinen Geländes ein höheres Gebäude hinkommen soll. Dann hätten sie
es sich damals überlegt, ob sie das überhaupt hätten machen wollen. Er informierte auch, dass sie diese Fläche, die die HOWOGE später erstanden hatte,
hätten haben wollen, zur Ergänzung des Geländes der Bluebox. Das war nicht gelungen, die BIMA hat es ihnen nicht verkauft, die Gründe kennen sie nicht.
Ich habe mir daraufhin den Berliner Umweltatlas angeschaut und festgestellt, dass es fußläufig in Wohnortnähe keinerlei öffentliches Grün gibt. Und dass
es auch ganz wenig Grün gibt, was zu den dortigen Wohnhäusern gehört. Ich verstehe es nicht, weshalb man ein solches Gelände bebauen will. Ich kann die
Wohnungsbaugesellschaft verstehen, dass sie natürlich zugreift, wenn Flächen über die BIMA verkauft werden. Zumal wenn kommunale Wohnungsunternehmen angesprochen
werden, um eben die soziale Verträglichkeit in einem bestimmten Maße zu gewährleisten. Es ist wichtig, dass diese Politik endlich auch wieder in Berlin
durchgesetzt wird. Ich kann auch verstehen, dass die Wohnungsbaugesellschaft sich dann umschaut. Aber dieses Gelände muss wirklich eine Grünfläche werden. Wie man
das finanziell abwickelt? Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Ich bitte die HOWOGE, sich das noch einmal zu überlegen.
Da gerade von meinem Vorredner von der Eckbebauung gesprochen worden war. Ja, die Wohnungsbaugenossenschaft Lichtenberg hatte Mitte der 90er Jahre ein riesiges Konzept zur
Arrondierung ihrer Wohnanlagen und
einen Architekten beauftragt. Zu dem Konzept gehörten Waschhäuser, Kitas, kleine Wohngebietscafes und ähnliches. Das war ungefähr im Jahr 1996. Doch damals
gab es den Bedarf nicht. Es wäre sicherlich sinnvoll, sich dieses Konzept mal genau anzuschauen. Vielleicht findet man da Anregungen, um etwas besser zu machen als man es
jetzt beabsichtigt.
(Beifall aus Richtung der der Gästereihen, wo die Vertreter der Bewohner*innen der Paul–Zobel–Straße saßen.)
*Drucksachen:
DS/2032/VII DIE LINKE. Bebauung des Innenhofs Paul–Zobel–Straße 10
DS/2033/VII Fraktion DIE LINKE. Bebauung von Innenhöfen in der Großsiedlung
- Auf Grund der weiteren Diskussion sowie des Beitrags des Vertreters der HOWOGE sah ich mich zu folgendem zweiten Redebeitrag auf der Juni–BVV 2016 veranlasst:
Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,
also als Erstes: Weil Herr Hoffmann davon sprach, dass wir wohnen brauchen: Alle, die regelmäßig im Ausschuss waren, haben in den letzten Monaten mitbekommen,
dass man sich immer wieder mal bei Fläächen, wo manchmal noch Gewerbe drauf ist, überlegt hat, diese in einen Wohnungsstandort umzuwidmen, dass dazu auch schon
Vorstellungen von Investoren kamen.
Zweitens: Im Gesundheitsausschuss wurde es des öfteren sehr deutlich, dass wir es mit einer alternden Gesellschaft zu tun haben, wir sind ein demenzfreundlicher Bezirk.
Auch gestern bei der Diskussion zum Zentren– und Einzelhandelskonzept haben wir erfahren, dass durchaus überlegt wird, wie Leute mit Rollatoren besser einkaufen
gehen können. Auch in diesem Gebiet wird es eine alternde Gesellschaft geben, es werden sich dort viele Leute mit Rollatoren bewegen. Wohin sollen die bitteschön
gehen, um sich mal ins Grüne zu setzen? Ringsum sind lauter Barrieren, sie fänden keine Grünfläche, sie fänden keinen Park, Bevor sie im Fennpfuhl
sind, sind sie vielleicht schon überfahren worden.
Zum Dritten wird der Gesichtspunkt der Umweltgerechtigkeit hier wirklich gravierend verletzt.
Der vierte Punkt: Nach § 3 des Baugesetzbuches haben wir die Pflicht, uns genau zu überlegen, welche Nutzung, welches Maß, welche Mischung, welche Qualität auf
welcher Fläche zu sein hat, das ist unsere Pflicht. Die wurde in den letzten Jahren nicht ganz so wahrgenommen, weil eben nicht dieser Bedarf war.
Der fünfte Punkt: Im Ausschuss hat uns Bezirksstadtrat Nünthel entweder im November oder Dezember 2015 informiert, dass das Bezirksamt beabsichtigt, alle
Flächen des Bezirkes rechtlich mit Bebauungsplänen zu sichern. Warum? Weil sie gemerkt haben, die Investoren stehen auf der Matte und wollen die Flächen,
die nicht rechtlich gesichert sind, schon einfach mal für sich buchen.
Sechster Punkt: Ich kritisiere nach wie vor das Land Berlin, das die Flächen in seine Obhut genommen und darüber befunden hat, also über die Entscheidungskraft
der Bezirke und ihrer Mandatsträger hinweg Flächen einfach mal verhäkert hat, meistbietend. Das ist eine unmögliche Politik, nämlich eine
ntmündigung der Bezirke und das ist auch hier in Lichtenberg passiert.
Zur Erinnerung nur an ein Beispiel: Im Zusammenhang mit dem Schulentwicklungsplan stellt sich die Frage: Was wird denn mit dem Rosenfelder Ring, da ziehen immer mehr
junge Leute hin. Dort standen mal zwei oder drei Schulen. Die Flächen wurden vom Land Berlin verkauft, da stehen jetzt Reihenhäuser. Im Rosenfelder Ring gibt es
keine Fläche mehr für eine Schule.
(In Richtung der Vertreter*nnen der Howoge, die als Gäste und auch Redner anwesend waren): Und Sie als HOWHGE werden garantiert Probleme kriegen, wenn dann in das
neue große Haus, wo wir die Grundsteinlegung erleben durften, Familien eingezogen sind. Wohin gehen die Kinder dann zur Schule? über weiß ich wie viele Barrieren.
Ich habe es im Ausschuss ÖÖkologische Stadtentwicklung schon mal angesprochen, wofür ich kritisiert wurde, ich sage es hier noch einmal: Ich bin der Auffassung,
wenn das Land Berlin schon so viele Dinge bestimmt, dann ist es auch in der Pflicht, ein Gesamtberliner Konzept für das Wohnen zu entwickeln.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
- Hier nun mein Redebeitrag von der Juli–BVV 2016:
Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Vertreter dieser Bürgerinitiative!
In der letzten BVV habe ich schon mal hier vorne gestanden und habe davon gesprochen, dass wir entmündigt wurden, durch den Senat, durch den Liegenschaftsfonds,
dass wir im Prinzip über unsere Flächen nicht entscheiden können.
Heute möchte ich noch einen anderen Gedanken nennen. Mir ist neulich aufgefallen, dass ich mal erfahren hatte und ich habe mich vergewissert, dass die Degewo,
die größte Wohnungsbaugesellschaft von Berlin, für das Tempelhofer Feld ein sehr großes Bauprojekt schon fertiggestellt hatte, in den Planungen, das
aber durch den Volksentscheid nicht realisieren kann. Was hat die Degewo gemacht? Sie ist nach Marienfelde gegangen und sie wird das Projekt dort in angepasster Weise
verwirklichen. Mit anderen Worten: Ganz Berlin hat fast 4.000 Einwohner pro qmkm, in Lichtenberg sind es über 5.000 Einwohner pro Quadratkilometer und in dem Gebiet, wo
die Paul–Zobel–Straße liegt, sind es weit über 7.000 Einwohner pro Quadratkilometer, also eine sehr sehr hohe Bevölkerungsdichte. Und da müsste
es doch möglich sein, einen Ausgleich innerhalb des Landes Berlin zu finden.
Und ich bin der Auffassung, wenn das der Degewo mit einem wesentlich größeren Wohnbauprojekt gelingt, dann müsste das auch der HOWOGE gelingen und
dann müsste man beim Senat vielleicht mal vorsprechen, das vielleicht auch im Abgeordnetenhaus thematisieren und dieses Projekt dort hinsetzen, wo noch viel Platz ist.
Ich bin nicht der Auffassung, dass wir immer hinnehmen müssen, naja, das ist ja Reinickendorf oder Zehlendorf oder draußen Köpenick, sondern es geht auch
wirklich um Bevölkerungsdichte, um Lebensqualität und um Umweltgerechtigkeit.
Deshalb bitte ich nochmals darum, dass Initiativen ergriffen werden, den Senat aufzufordern, dass er sich damit beschäftigt und vielleicht mal eine andere
Verteilungspolitik von Wohnbauprojekten in Berlin mit initiiert.
- Auch in der letzten Bezirksverordnetenversammlung der VII. Wahlperiode im September wurde das Thema noch einmal heftig diskutiert – hier mein Beitrag:
Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Vertreter*innen der Bürgerinitiative Paul–Zobel–Straße!
Der Gedanke der Umweltgerechtigkeit und der ungerechten Behandlung, den sie ja hier sehr deutlich gemacht haben, bewegt mich schon sehr lange. Nicht umsonst habe ich vor
Monaten genau den Umweltatlas mehrere Male zitiert und ich frage mich: langsam: Warum wurde dieser Umweltatlas eigentlich von der Senatsverwaltung erarbeitet, wenn sie ihn
selbst nicht als Grundlage ihres Handelns empfiehlt und nimmt.
Mit anderen Worten: Der nächsten BVV und dem nächsten Bezirksamt ist dringend zu raten, diese Punkte mal nachzufragen. Dass man nach Umweltgerechtigkeit
geht, dass man die Materialien, die alle vorhanden sind, endlich mal richtig nutzt und damit umgeht und dann Entscheidungen trifft.
Dankeschön
(Beifall von den Gästereihen)
DS/1252/VII „Planungsstand Ruschegraben“ – Große Anfrage
Redebeitrag auf der BVV vom 28. August 2014
Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,
Im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte ich mich als erstes bei all denjenigen bedanken,
die an der Beantwortung der Großen Anfrage mitgewirkt haben. Das Ergebnis ist sehr erhellend. Man erfährt
einiges über die Beweggründe des Bezirksamtes, das mit dem Ruschegraben abgeleitete Regenwasser durch eine lange
Druckrohrleitung zu führen, um es dann auf einer wohngebietsnahen Sportfläche reinigen zu lassen. Genau das
war die Initialzündung für mehrfache Nachfragen von engagierten Bewohnerinnen und Bewohnern an der
Rummelsburger Bucht. Wie man sich vorstellen kann, sind sie mit der vorgeschlagenen Lösung überhaupt nicht
einverstanden. Sie haben nicht nur ein Eigeninteresse wegen des Sportplatzes, nein, sie erheben eine Reihe von Bedenken,
ob diese Lösung tatsächlich auch auf lange Sicht sinnvoll ist. Weil die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
diese Auffassung teilt, haben wir diese Anfrage gestellt.
Es wird niemanden verwundern, wenn wir feststellen müssen, dass sich aus den Antworten eine Reihe weiterer Fragen
ergibt. Ich will hier stellvertretend nur zwei nennen:
Es ist unklar, wieso es keine Veranlassung gab, mit Investoren zu sprechen, wie in Punkt 8 erwähnt. Wenn ein
Bebauungsplanverfahren noch läuft, kann doch vieles geschehen – Gutachten hin oder her.
Die entscheidende Aussage, wo seinerzeit die Weichen gestellt wurden, finden wir in der Antwort zur Frage 2. Dort
erfahren wir, dass das Bezirksamt seit dem Jahr 1997 mit der oberen Wasserbehörde, also der Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung und Umweltschutz, wegen eines ebenerdigen Bodenfilters im Geltungsbereich des Bebauungsplans
XVII–4 „Ostkreuz“ im Kontakt war. Diese Wasserbehörde teilte dann im Juni 2008, also 11 Jahre
später, dem Fachbereich Stadtplanung schriftlich mit, dass die Forderung nach Freihaltung der Grundstücke für
eine Regenwasserreinigungsanlage im Geltungsbereich XVII–4 nicht länger aufrecht gehalten wird. Und dann folgt,
ich zitiere „Die grundsätzlichen Forderungen nach gebotenen Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung des
Rummelsburger Sees wurden aber aufrecht erhalten. Diese sind in Abhängigkeit der örtlichen Bedingungen und
kostengünstiger Lösungen im gesamten Einzugsgebiet zu ermitteln und umzusetzen.“ Zitat Ende.
Was geschah daraufhin? Im Jahr 2009 wurde ein städtebauliches Gutachterverfahren durchgeführt, das wiederum
die Basis für die Fortführung des Bebauungsplan-Verfahrens war. Das Gutachterverfahren wurde durch die Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung und Umweltschutz in Kooperation mit dem Liegenschaftsfonds Berlin finanziert. So steht es in der
Antwort auf die Kleine Anfrage meiner Person vom Oktober 2009 (DS/0420/VI). Wir waren zuvor in der Sitzung des
Stadtentwicklungsausschusses vom 8. September 2009 darüber informiert worden, dass am 07.09.09 der Wettbewerb zum
Grundstüük Ostkreuz/Kynaststraße/Hauptstraße abgeschlossen worden und einer der fünf Entwürfe weiterverfolgt
würde. Über den Ruschegraben wurde nichts gesagt, war aus Sicht des Bezirksamtes damals auch nicht mehr notwendig.
Könnte man meinen. Dagegen spricht allerdings die EU–Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000.
Nun stellt sich die Frage nach der Schuld. Wie gesagt, die Weichen wurden durch die Aussage der oberen Wasserbehörde,
die im Senat angesiedelt ist, im Jahr 2008 gestellt. Es gibt keine Aussage dazu, auf welcher Grundlage diese Entscheidung
gefällt wurde – Wünschelrute, Prophezeiungen der Buchella – ach ne, die gab es ja nicht mehr –
also auf welcher? Diese Frage muss als erstes beantwortet werden, denn es kann einfach nicht sein, dass städtebauliche
und Umweltschutzmaßnahmen, die für Jahrzehnte Fakten schaffen, auf falschen oder unbegründeten
Entscheidungen basieren.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert hiermit alle Beteiligten auf, die Karten auf den Tisch zu legen und
neu zu mischen. Die erste öffentliche Gelegenheit dazu gibt es am 30. September in der gemeinsamen Sitzung von
Umwelt– und Stadtentwicklungsausschuss.
Und natürlich erwarten wir ebenso wie die engagierten Bürgerinnen und Bürger, dass die damaligen
Entscheidungsträger sich den Fragen stellen.
Da sind wir alle sicherlich sehr neugierig. Oder?
Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.
Drucksache 0794/VII „Naturkreisläufe sichern – das Bienensterben stoppen – auch in
Berlin–Lichtenberg“
Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,
Honig kann man importieren, Bestäubungsleistung nicht! So neulich in einer Sendung des MDR. Damit ist es auf
den Punkt gebracht. Man könnte auch in die Bäume klettern und von Blüte zu Blüte streifen.
Unvorstellbar, oder? Leider nein – so etwas soll es schon geben. Zum Beispiel in China. Aber mal ehrlich,
vorstellen möchten wir uns das nicht wirklich.
Damit es nicht so weit kommt, müssen wir etwas tun, da wir auf die Bestäubungsleistungen der Bienen
existenziell angewiesen sind. Bekannt ist, dass zum Beispiel Obst– und Rapserträge wesentlich vom
Vorhandensein der Bienen abhängen. Weniger bekannt ist, welche Bedeutung die Bestäubung von Wildkräutern hat.
Klee zum Beispiel ist Futter für Kühe, diese wiederum geben Milch und Fleisch. Doch Kleepflanzen verholzen.
Es muss also Samen für neue Pflanzen gewonnen werden. Und dafür braucht man eben Bienen.
Oder nehmen wir die Singvögel. Wovon ernähren sie sich? Von Samen und Insekten in einem ausgewogenen
Verhältnis. Ist dieses Verhältnis gestört, dann gibt es weniger Singvögel und der Befall von
Schadinsekten nimmt zu. Und so schließt sich der Kreis. Albert Einstein soll gesagt haben: „Wenn die
Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.“
Angesichts der in der Antragsbegründung genannten Fakten über den Rückgang von Bienenvölkern
weltweit sowie der schlechten Überwinterungsquoten hierzulande sind wir alle angehalten, die Bedingungen für
die Bienenhaltung zu verbessern. Die Anforderungen an die öffentliche Verwaltung sind genannt.
Manch einer wird sich nun wundern – Bienen in der Stadt? Das verbindet man doch mit dem Land. Ja, das stimmt,
aber nur zum Teil. Die industrielle Landwirtschaft und damit die Monokulturen sowie die Biomasseproduktion, wiederum
Monokulturen, haben dazu geführt, dass auch hier in Mitteleuropa Bienen auf dem Land verhungern müssen.
Nun fragt man sich: Es gibt doch aber Rapshonig und der stammt vom Land. Richtig. Ungefähr drei Wochen finden
Bienen während der Rapsblüte Pollen und Nektar.
Auch gibt es große Obstplantagen, eine der ersten Trachten für die Bienen im Jahreszyklus. Ja, die
Plantagen sind auf dem Land. Wenn Rapsfelder in der Nähe sind, dann würden sich die beiden Trachten
einigermaßen ablösen. Das ginge noch, ist aber auch eher selten anzutreffen. Was käme aber dann
danach? Auf dem Land? Nicht viel, viel zu wenig, um die Bienenvölker zu ernähren. Jedenfalls auf dem Land.
Doch in der Stadt mit ihren Straßenbäumen, Parks, Straßenrändern, Brachflächen und
Gärten können sie über Monate Pollen und Nektar finden, einige der Pflanzen sind zur
Veranschaulichung für uns alle im Antrag genannt. Wir sind uns sicher, dass die MitarbeiterInnen in den für
Naturschutz und Landschaftsplanung zuständigen Fachämtern über so viel Sachkunde verfügen, um
diese Palette zu erweitern. Wir sehen diesen Antrag auch als eine Ergänzung zu mehreren Anträgen, die heute
mit auf der Tagesordnung sind, sowie zur Drucksache 0686/VII, wo es unter anderem um Ersatzmaßnahmen von
Baumfällungen geht.
Im Antrag sind auch Solitärbienen und Hummeln erwähnt, weil sie zur Familie der Bienen gehören, zur
Bestäubung von Wild– und Kulturpflanzen beitragen und ihnen die Förderung der Haltung von Honigbienen
ebenfalls nützt.
Zum Abschluss möchte ich auf die vor einigen Monaten hier auf der BVV geführte kontroverse Diskussion
über die am besten geeigneten Bekämpfungsmaßnahmen gegen den Eichenprozessionsspinner eingehen. Es
stand zur Wahl – mechanisch oder chemisch. Wir hatten letzten Endes für die mechanische Methode votiert.
Darüber können wir auch angesichts eben genannter Zusammenhänge sehr froh sein. Was die Eichen
betrifft, das Bezirksamt kennt die befallenen Eichen persönlich. Das heißt, von der Vielzahl der Eichen
auf Lichtenberger Gebiet ist mal gerade ungefähr 1 % befallen.
Unsere Variante wird auch durch Beobachtungen im Berliner Tiergarten unterstützt. Dort wurden mangels
Sachkenntnis an Stelle von Eichen andere Bäume besprüht, so zum Beispiel Ahorn und Linden, beides
Bienenweiden.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen würde sich aus den genannten Gründen freuen, wenn dieser
Antrag eine Mehrheit finden würde.
Drucksache 0791/VII „Endometriosefrüherkennung fördern“
Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,
Endometriose – das Wort muss man erst mal üben, um es richtig aussprechen zu können. So ging es
jedenfalls mir. Und auch all denjenigen, die dabei waren, als uns Vertreterinnen der Endometriose–Vereinigung
Deutschland baten, sie bei der Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Thema zu unterstützen.
Bei Endometriose handelt es sich um eine Krankheit, die relativ unbekannt ist, obwohl viele Frauen von ihr
betroffen sind. Die geschätzten Zahlen liegen zwischen 7 und 15% der Frauen im Alter zwischen 15 und 55 Jahren,
also zwischen 2 bis 6 Millionen Frauen in Deutschland.
Jährlich erkranken ungefähr 40.000 Frauen daran. Diese Größenordnung ist vergleichbar denen solcher
bekannten Krankheiten wie Brustkrebs und Diabetes. Doch anders als bei diesen gibt es für Endometriose keine
systematischen Diagnoseverfahren, viel zu viel Unwissenheit bei Allgemeinmedizinern und Gynäkologen und, was
besonders erstaunt: Die Pharmaindustrie hat sich bislang dafür anscheinend überhaupt noch nicht interessiert.
Die betroffenen Frauen müssen einen langen Leidensweg gehen, werden auf verschiedenste Krankheiten hin behandelt,
was ihnen natürlich nicht wirklich helfen kann. Nicht selten muss sich eine Frau sogar gefallen lassen, als
Simulantin abgestempelt zu werden. Und als Krönung dessen muss sie dann erfahren, dass sie wegen einer über
einen langen Zeitraum nicht erkannten und behandelten Krankheit keine Kinder bekommen kann.
Das ist nicht länger hinnehmbar! Es muss ins Bewusstsein der öffentlichkeit gebracht werden, dass Frauen mit
unspezifischen Symptomen keine Simulantinnen sind, sondern möglicherweise Endometriose haben. Es muss dafür
gesorgt werden, dass standardisierte Diagnoseß und Therapieverfahren einschließlich entsprechender
Medikamente entwickelt werden.
Nun, das alles liegt nicht in unserer Hand. Was wir können, ist im Antragstext formuliert – die
Lichtenberger Bevölkerung in geeigneter Weise darüber zu informieren. Das könnte ein wichtiger Beitrag
sein, den Leidensweg betroffener Frauen zu verkürzen.
Manch einer wundert sich, dass wir hier in letzter Zeit auch über Krankheiten reden. Das muss man korrigieren
– wir reden darüber, wie wir mit ihnen umgehen. Und das ist eines jeden Verantwortung. Krankheiten
beeinträchtigen nicht nur, sie verhindern die Teilhabe der Betroffenen am gesellschaftlichen Leben. Sie
führen oftmals zu Folgekrankheiten nicht nur der Betroffenen, sondern auch von Familienangehörigen. Wenn
wir durch unser Handeln dazu beitragen, Krankheiten vorzubeugen oder deren Folgen zu vermindern, dann handeln wir im
besten Sinne politisch, nämlich zum Nutzen der Stadt.
Deshalb möchte ich Sie hiermit im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Lichtenberg bitten, sowohl
diesem Antrag zu zu stimmen als auch in Ihrem persönlichen Umfeld für das Bekanntwerden und Bekämpfen
dieser Krankheit zu werben.
Drucksache 0673/VII „ Anmeldung der Nahverkehrstangente für den Bundesverkehrswegeplan 2015
Herr Vorsteher, sehr geehrte Bezirksverordnete, werte Gäste,
Vor 5 Jahren, am 27. März 2008, habe ich hier ausführlich dargelegt, welche Vorteile eine
schienengebundene Nahverkehrstangente hätte, die vom Berliner Norden über Lichtenberg in den Berliner
Süden führt und dabei alle Ostberliner Bezirke einbezieht. Grundlage waren Entwürfe, die Verkehrsplaner
aus Berlin und Potsdam gemeinsam erarbeitet hatten, wobei sie auch die Anknüpfungspunkte zum Berliner Umland
berücksichtigt hatten. Im Stadtentwicklungsausschuss hatten wir damals vor, einen Workshop durchzuführen.
Die Gelegenheit dafür ergab sich allerdings nicht, da eine entsprechende Einbindung in Gesamtberliner
Verkehrsplanungen nicht erkennbar war.
Heute nun ein neuer Ansatz, denn solch eine schnelle Nord–Süd–Verbindung auf der Schiene gibt es
zwischen Pankow, Marzahn–Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow–Köpenick bis heute nicht. Es kommt
noch schlimmer: Die seit Jahren bekannten Vorschläge waren kein ausreichender Grund für den Senat von
Berlin, eine solche Verbindung für die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan 2015 bis 2030 zu beantragen. Man setzt
also einseitig auf eine neue Straße, die Tangentialverbindung Ost (TVO). Und das, obwohl die vorhandenen
Schienentrassen nur um einige Teilstücke ergänzt werden müssten und wenige Brücken und
natürlich Bahnhöfe gebaut bzw. erweitert werden müssten, wie man auf der beigefügten Karte
erkennen kann.
Mit dem Bau der TVO wird eine große Entlastung für Wohngebiete in Biesdorf Süd und Karlshorst
versprochen, obwohl die beauftragten Studien das nur zu einem geringen Prozentsatz bestätigen. Weit weniger
Mühe hat man sich hinsichtlich dieser Schienenverbindung gegeben; wenn es nach dem Berliner Senat geht, soll
sie auch bis 2030 nicht gebaut werden, denn was nicht angemeldet wurde, wird auch nicht geplant und nicht gebaut.
Das ist umso unverständlicher, als es viele Menschen, die vom Norden Berlins in den Osten oder den Südosten
Berlins fahren möchten, umgekehrt natürlich auch, dazu motivieren würde, mit der Bahn zu fahren. Das
ist für eine solche Strecke viel bequemer als das Autofahren und würde auch noch Zeit sparen. Verbindet man
das dann mit CarSharing und günstigen Mitnahmemöglichkeiten für Fahrräder wäre das ein Gewinn
an Mobilität bei gleichzeitiger Einsparung von CO2 in Größenordnungen und Verminderung des Lärms,
also auch ein großer Beitrag zum Umwelt– und Gesundheitsschutz.
Da die neueren Regelungen vorsehen, dass sowohl BürgerIinnen als auch Bezirksämter die Aufnahme eines
Verkehrsprojektes in den Bundesverkehrswegeplan beantragen können, bittet die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen, diesem Antrag zuzustimmen.
Dabei sind wir uns dessen bewusst, dass die in der Drucksache dargestellte Variante den Bahnhof Lichtenberg im
Gegensatz zu der vor 5 Jahren vorgestellten Variante abhängen würde. Wir hoffen, Sie können unserer
Überlegung folgen, dass die Aufnahme einer derartigen Verbindung in den Bundesverkehrswegeplan allemal besser
ist, als wenn man erst wieder in 15 Jahren darüber spricht. Es hindert uns doch niemand daran, dann weitere
Variantenprüfungen einzufordern.
Drucksache 0636/VII „Fahrradkonzeption für den Bezirk Lichtenberg““
Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren
Was lange währt, wird gut.
Ja, diese Fahrradkonzeption hat eine Vorgeschichte, die in die vergangene Wahlperiode zurückreicht. Einige von
ihnen erinnern sich – im Mai 2009 führte das Bezirksamt die 2. Radverkehrskonferenz durch. Daran nahmen
engagierte Lichtenberger BürgerInnen und VertreterInnen von Vereinen und Initiativen teil. Die praktische
Umsetzung des dort Diskutierten entsprach jedoch nicht den Vorstellungen von denjenigen, die um die Probleme und
auch die Bedarfe und Möglichkeiten wussten.
In der BVV und im Stadtentwicklungsausschuss wurden zwar einige konkrete Fragen diskutiert, die Forderung nach
einer Fahrradkonzeption wurde immer lauter, untersetzt mit konkreten Vorstellungen. Als das im Herbst 2010 dann
mal zu Papier gebracht war, Prof. Hofmann von den Linken auf die Bitte meiner Person auch einen Blick darauf warf,
gab es dann doch die Befürchtung, damit nicht den richtigen Ansatz gefunden zu haben – so unterblieb
die Antragstellung.
Nun vielleicht war das ja gar nicht so verkehrt, denn inzwischen haben sich die Voraussetzungen für das
Umsetzen einer derartigen Konzeption wesentlich verbessert. Und vielleicht war es ja auch kein Zufall, als im
unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Antrag Fahrradkonzeption hier in der BVV im Berliner Senat eine
Berliner Radverkehrsstrategie beschlossen wurde. Das Klima war also günstig für eine Diskussion im
zuständigen Ausschuss für öffentliche Ordnung und Verkehr, es ging dann eigentlich nur noch um das Wie.
Ich gestehe, das war auch für meine Person recht angenehm – besonders bedanken möchte ich mich
im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei allen Mitgliedern des Ausschusses Öffentliche
Ordnung und Verkehr und dabei insbesondere bei Frau Feige, der Ausschuss–Vorsitzenden. Nicht vergessen
sein soll auch die Unterstützung durch das Bezirksamt in Person von Herrn Dr. Prüfer, der uns einige Hinweise gab.
Außerdem möchte ich diese Gelegenheit nutzen, hier ausdrücklich dem Leiter des Tiefbau–
und Grünfläenamtes, Herrn Ehrendreich, für seine bisherigen Aktivitäten zu danken. Es hat
sich sicherlich schon herumgesprochen, dass in Lichtenberg in den letzten Jahren weit mehr Mittel für den Ausbau
von Radverkehrsanlagen ausgegeben wurden als in anderen Bezirken. Das ist maßgeblich seinem Engagement zu
verdanken – er wusste, die Möglichkeiten von EU–Fördermitteln gut zu nutzen. Damit ist es
gelungen, einige doch recht attraktive Fahrradrouten durch den Bezirk auszubauen.
Diese vorliegende Fahrradkonzeption nun zielt darauf ab, Lücken zu erkennen und zu schließen und
Akteure, wie Wohnungsunternehmen sowie Handels– und Dienstleistungseinrichtungen einzubeziehen, um das
Fahrrad für den Alltag attraktiver zu machen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte diese Gelegenheit auch nutzen, Sie darüber zu informieren,
dass die gestrige 4. Fahrradkonferenz, die im Auftrag des Bezirksamtes durchgeführt wurde, eine richtig gut
gelungene Veranstaltung war. Es gab neben einigen einführenden, das Gesamtanliegen umreißenden
Vorträgen rege Diskussionen in Arbeitsgruppen, deren Dokumentation uns sicherlich bald zugehen wird.
Ich bedanke mich auch im Namen einiger Gäste beim ausführenden Umweltbüro Lichtenberg für
die gute Organisation und freue mich auf die nächsten Veranstaltungen.
Noch eine kleine Information am Rande, gerichtet insbesondere an diejenigen, die neulich bei den Haushaltsberatungen
dem Betrag von 20.000 € für die Realisierung der Fahrradkonzeption nicht zustimmen konnten, weil er ihnen nicht
ausreichend untersetzt erschien: Die Lichtenberger ADFC–Gruppe wird uns sicherlich bald einige
Vorschläge unterbreiten. Die Umsetzung der Fahrradkonzeption hat also schon begonnen, was wollen wir mehr!
Um diesen Schwung gut nutzen zu können, möchte ich Sie deshalb im Namen aller Beteiligten bitten,
dieser Konzeption Ihre Zustimmung zu geben.
Drucksache 0260/VII „ Bürgerbeteiligung weiterentwickeln und Ressourcen nutzen“
Auf der BVV am 20. September 2012 war es mir sehr wichtig, zu diesem Antrag der SPD–Fraktion
einige Anmerkungen zu machen:
Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,
dem Anliegen dieser Drucksache ist ausdrücklich zuzustimmen. Lässt es doch auf eine mittlerweile
gereifte Einsicht schließen, dass man die Kompetenz der Bürger noch weit besser nutzen kann als bislang.
Mit dem hier dargestellten Verfahren lässt sich die Bürgerbeteiligung so organisieren, dass
Probleme und Konfliktfelder einerseits, aber auch Potenziale und Ideen andererseits im Vorfeld besser erkannt und
diskutiert werden können.
Mit dem Beschluss dieser Drucksache trägt die Bezirksverordnetenversammlung dazu bei, solchen
Problemen wie derzeit beim Kulturhaus Karlshorst künftig besser vorbeugen zu können.
Mich persönlich erfreut das auch deshalb ganz besonders, als damit der seinerzeit nur andiskutierte
und dann abgelehnte Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Erhöhung der Qualität der
Bürgerbeteiligung (DS 818/VI) vom April 2008 von der Tendenz her entsprochen wird. Das lässt auf weitere
sinnvolle Entwicklungen in Bezug auf die Einbeziehung von Bürgern in die Vorbereitung von sie betreffenden
Entscheidungen schließen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmt deshalb dieser Beschlussempfehlung
ausdrücklich zu.
Drucksache 0388/VII „Aufarbeitung der DDR–Jugendhilfe&ldquo
Gleich für die erste BVV am 23. August 2012 wurde ich von meinen MitfraktionärInnen gebeten, diesen
Antrag zu begründen
Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Bezirksverordnete, sehr geehrte Gäste,
vermutlich hat die eine oder der andere hier gedacht, dass ich meinen Wiedereinstig in die
Bezirksverordnetenversammlung mit dem Thema Fahrrad beginnen würde. Ich gebe zu, das wäre mir
wesentlich lieber gewesen, da doch nach vorne weisend und mit der Chance einer künftigen Verbesserung.
Stattdessen halte ich es für äußerst notwendig, sich einem unrühmlichen und finsteren
Kapitel der Vergangenheit zuzuwenden. Ihnen allen liegt der Bericht „Aufarbeitung der Heimerziehung in
der DDR“ vor, in dem die gesetzlichen Grundlagen, die Strukturen und die konkreten Umsetzungen in Heimen
für Kinder und Jugendliche in der DDR dargestellt sind. Es ist gut, dass man nach den großen
Veränderungen und persönlichen Anforderungen, die in den neuen Bundesländern seit 1990 viel Kraft
und Zeit in Anspruch nahmen, sich nunmehr der Vergangenheit zuwenden kann. Darauf haben viele Betroffene
sicherlich schon lange gewartet. Der vorliegende Bericht ist ein erster Schritt, um das menschenverachtende, die
Persönlichkeitsrechte mit Füßen tretende System Heimerziehung in der DDR in das öffentliche
Bewusstsein zu rücken.
Mich hat es sehr erschüttert, obwohl nicht überrascht, mit welch ausgeklügeltem System man hilflose
Schutzbefohlene drangsaliert und unterdrückt, ihnen Möglichkeiten der geistigen, beruflichen und
emotionalen Entwicklung genommen und sie für das gesamte weitere Leben traumatisiert hat. Es war ein System
der Anmaßung, der Selbstgerechtigkeit und Selbstüberhebung, der Willkür und Gewalt, die mitunter
vermutlich auch an Folter grenzte.
In dem Bericht werden die verschiedenen Gelegenheiten genannt, die man nutzte, um Familien ihre Kinder zu entziehen.
Auch wurden verschiedene Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen aufgezeigt, die zum Vorwand einer Einweisung
in ein Heim zur Umerziehung nach Staats– und Parteirichtlinien dienten.
Ich möchte hier auf die Fälle eingehen, der mir besonders verwerflich erscheinen:
- dass man Familien, die der DDR und ihren Staats– und Parteiorganen in irgend einer Weise kritisch
gegenüberstanden, ihre Kinder unter fadenscheinigen Vorwänden entriss,
- dass man die Kinder dieser Familien sowie auch viele andere in den Heimen einer Kopfwäsche unterzog und
ihnen die Eltern entfremdete und
- als Drittes, dass man viele dieser aus normalen sozialen Umfeldern gerissenen, abgeschotteten Jugendlichen
systematisch dazu brachte, die Menschen ihrer Umgebung, wie Mitschüler_innen, Kolleg_innen, Freund_innen und
sogar ihre eigenen Ehepartner_innen zu bespitzeln.
Dieses System war nur möglich, weil viele daran mitgewirkt haben und immer mögliche Ermessensspielräume
in der verwerflichsten und niederträchtigsten Art genutzt haben. Wie man dem Bericht entnehmen kann, spielten
die Organe der Jugendhilfe, also auch die Jugendämter, dabei eine nicht unerhebliche Rolle.
Sehr geehrte Bezirksverordnete!
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bittet Sie, diesem Antrag zuzustimmen, damit möglichst viele der
heute noch lebenden Opfer spüren, dass sie nicht allein sind bei der Forderung nach Gerechtigkeit und Wahrheit.
Der Antrag wurde einstimmig von den zu dem relativ späten Zeitpunkt noch anwesenden Bezirksverordneten
beschlossen.
Letzte Änderung: 25.03.2017