Antragsbegründungen und weitere Redebeiträge seit August 2012


Anträge, deren Anliegen in der Öffentlichkeit noch einmal besonders hervorgehoben werden sollen, werden üblicherweise in der Bezirksverordnetenversammlung vor der allgemeinen Diskussion durch die einreichende Fraktion begründet. Von dieser Gelegenheit nehme ich hin und wieder Gebrauch, kann man dann doch noch einige weitere Fakten sowie persönliche Gedanken nennen, um die Bedeutung des Antrags für die Bürgerinnen und Bürger klarer zu machen. Und natürlich positioniere ich mich entweder im Auftrag der Fraktion oder aus eigenem Antrieb zu Anträgen anderer Fraktionen sowie weiteren Redebeiträgen – eine Auswahl davon finden Sie hier.



Sehr große Aufregung hat die von der HOWOGE geplante Bebauung der Paul–Zobel–Straße verursacht – mit Recht. Da es sich um ein Thema von großer Bedeutung für weitere Baumaßnahmen handelt, die Bürgerinitiative seit Monaten um die Bewahrung ihrer Lebensqualität in dem ohnehin schon mehrfach belasteten Gebiet kämpft, sah ich mich im Juni, Juli und September diesen Jahres veranlasst, dazu meine Position deutlich zu machen:



DS/1252/VII „Planungsstand Ruschegraben“ – Große Anfrage

Redebeitrag auf der BVV vom 28. August 2014

Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,

Im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte ich mich als erstes bei all denjenigen bedanken, die an der Beantwortung der Großen Anfrage mitgewirkt haben. Das Ergebnis ist sehr erhellend. Man erfährt einiges über die Beweggründe des Bezirksamtes, das mit dem Ruschegraben abgeleitete Regenwasser durch eine lange Druckrohrleitung zu führen, um es dann auf einer wohngebietsnahen Sportfläche reinigen zu lassen. Genau das war die Initialzündung für mehrfache Nachfragen von engagierten Bewohnerinnen und Bewohnern an der Rummelsburger Bucht. Wie man sich vorstellen kann, sind sie mit der vorgeschlagenen Lösung überhaupt nicht einverstanden. Sie haben nicht nur ein Eigeninteresse wegen des Sportplatzes, nein, sie erheben eine Reihe von Bedenken, ob diese Lösung tatsächlich auch auf lange Sicht sinnvoll ist. Weil die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen diese Auffassung teilt, haben wir diese Anfrage gestellt.

Es wird niemanden verwundern, wenn wir feststellen müssen, dass sich aus den Antworten eine Reihe weiterer Fragen ergibt. Ich will hier stellvertretend nur zwei nennen:

Es ist unklar, wieso es keine Veranlassung gab, mit Investoren zu sprechen, wie in Punkt 8 erwähnt. Wenn ein Bebauungsplanverfahren noch läuft, kann doch vieles geschehen – Gutachten hin oder her.

Die entscheidende Aussage, wo seinerzeit die Weichen gestellt wurden, finden wir in der Antwort zur Frage 2. Dort erfahren wir, dass das Bezirksamt seit dem Jahr 1997 mit der oberen Wasserbehörde, also der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz, wegen eines ebenerdigen Bodenfilters im Geltungsbereich des Bebauungsplans XVII–4 „Ostkreuz“ im Kontakt war. Diese Wasserbehörde teilte dann im Juni 2008, also 11 Jahre später, dem Fachbereich Stadtplanung schriftlich mit, dass die Forderung nach Freihaltung der Grundstücke für eine Regenwasserreinigungsanlage im Geltungsbereich XVII–4 nicht länger aufrecht gehalten wird. Und dann folgt, ich zitiere „Die grundsätzlichen Forderungen nach gebotenen Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung des Rummelsburger Sees wurden aber aufrecht erhalten. Diese sind in Abhängigkeit der örtlichen Bedingungen und kostengünstiger Lösungen im gesamten Einzugsgebiet zu ermitteln und umzusetzen.“ Zitat Ende.

Was geschah daraufhin? Im Jahr 2009 wurde ein städtebauliches Gutachterverfahren durchgeführt, das wiederum die Basis für die Fortführung des Bebauungsplan-Verfahrens war. Das Gutachterverfahren wurde durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz in Kooperation mit dem Liegenschaftsfonds Berlin finanziert. So steht es in der Antwort auf die Kleine Anfrage meiner Person vom Oktober 2009 (DS/0420/VI). Wir waren zuvor in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses vom 8. September 2009 darüber informiert worden, dass am 07.09.09 der Wettbewerb zum Grundstüük Ostkreuz/Kynaststraße/Hauptstraße abgeschlossen worden und einer der fünf Entwürfe weiterverfolgt würde. Über den Ruschegraben wurde nichts gesagt, war aus Sicht des Bezirksamtes damals auch nicht mehr notwendig. Könnte man meinen. Dagegen spricht allerdings die EU–Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000.

Nun stellt sich die Frage nach der Schuld. Wie gesagt, die Weichen wurden durch die Aussage der oberen Wasserbehörde, die im Senat angesiedelt ist, im Jahr 2008 gestellt. Es gibt keine Aussage dazu, auf welcher Grundlage diese Entscheidung gefällt wurde – Wünschelrute, Prophezeiungen der Buchella – ach ne, die gab es ja nicht mehr – also auf welcher? Diese Frage muss als erstes beantwortet werden, denn es kann einfach nicht sein, dass städtebauliche und Umweltschutzmaßnahmen, die für Jahrzehnte Fakten schaffen, auf falschen oder unbegründeten Entscheidungen basieren.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert hiermit alle Beteiligten auf, die Karten auf den Tisch zu legen und neu zu mischen. Die erste öffentliche Gelegenheit dazu gibt es am 30. September in der gemeinsamen Sitzung von Umwelt– und Stadtentwicklungsausschuss.

Und natürlich erwarten wir ebenso wie die engagierten Bürgerinnen und Bürger, dass die damaligen Entscheidungsträger sich den Fragen stellen.

Da sind wir alle sicherlich sehr neugierig. Oder? Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.



Drucksache 0794/VII „Naturkreisläufe sichern – das Bienensterben stoppen – auch in Berlin–Lichtenberg“

Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,
Honig kann man importieren, Bestäubungsleistung nicht! So neulich in einer Sendung des MDR. Damit ist es auf den Punkt gebracht. Man könnte auch in die Bäume klettern und von Blüte zu Blüte streifen. Unvorstellbar, oder? Leider nein – so etwas soll es schon geben. Zum Beispiel in China. Aber mal ehrlich, vorstellen möchten wir uns das nicht wirklich.

Damit es nicht so weit kommt, müssen wir etwas tun, da wir auf die Bestäubungsleistungen der Bienen existenziell angewiesen sind. Bekannt ist, dass zum Beispiel Obst– und Rapserträge wesentlich vom Vorhandensein der Bienen abhängen. Weniger bekannt ist, welche Bedeutung die Bestäubung von Wildkräutern hat. Klee zum Beispiel ist Futter für Kühe, diese wiederum geben Milch und Fleisch. Doch Kleepflanzen verholzen. Es muss also Samen für neue Pflanzen gewonnen werden. Und dafür braucht man eben Bienen.

Oder nehmen wir die Singvögel. Wovon ernähren sie sich? Von Samen und Insekten in einem ausgewogenen Verhältnis. Ist dieses Verhältnis gestört, dann gibt es weniger Singvögel und der Befall von Schadinsekten nimmt zu. Und so schließt sich der Kreis. Albert Einstein soll gesagt haben: „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.“

Angesichts der in der Antragsbegründung genannten Fakten über den Rückgang von Bienenvölkern weltweit sowie der schlechten Überwinterungsquoten hierzulande sind wir alle angehalten, die Bedingungen für die Bienenhaltung zu verbessern. Die Anforderungen an die öffentliche Verwaltung sind genannt.

Manch einer wird sich nun wundern – Bienen in der Stadt? Das verbindet man doch mit dem Land. Ja, das stimmt, aber nur zum Teil. Die industrielle Landwirtschaft und damit die Monokulturen sowie die Biomasseproduktion, wiederum Monokulturen, haben dazu geführt, dass auch hier in Mitteleuropa Bienen auf dem Land verhungern müssen. Nun fragt man sich: Es gibt doch aber Rapshonig und der stammt vom Land. Richtig. Ungefähr drei Wochen finden Bienen während der Rapsblüte Pollen und Nektar.

Auch gibt es große Obstplantagen, eine der ersten Trachten für die Bienen im Jahreszyklus. Ja, die Plantagen sind auf dem Land. Wenn Rapsfelder in der Nähe sind, dann würden sich die beiden Trachten einigermaßen ablösen. Das ginge noch, ist aber auch eher selten anzutreffen. Was käme aber dann danach? Auf dem Land? Nicht viel, viel zu wenig, um die Bienenvölker zu ernähren. Jedenfalls auf dem Land. Doch in der Stadt mit ihren Straßenbäumen, Parks, Straßenrändern, Brachflächen und Gärten können sie über Monate Pollen und Nektar finden, einige der Pflanzen sind zur Veranschaulichung für uns alle im Antrag genannt. Wir sind uns sicher, dass die MitarbeiterInnen in den für Naturschutz und Landschaftsplanung zuständigen Fachämtern über so viel Sachkunde verfügen, um diese Palette zu erweitern. Wir sehen diesen Antrag auch als eine Ergänzung zu mehreren Anträgen, die heute mit auf der Tagesordnung sind, sowie zur Drucksache 0686/VII, wo es unter anderem um Ersatzmaßnahmen von Baumfällungen geht.

Im Antrag sind auch Solitärbienen und Hummeln erwähnt, weil sie zur Familie der Bienen gehören, zur Bestäubung von Wild– und Kulturpflanzen beitragen und ihnen die Förderung der Haltung von Honigbienen ebenfalls nützt.

Zum Abschluss möchte ich auf die vor einigen Monaten hier auf der BVV geführte kontroverse Diskussion über die am besten geeigneten Bekämpfungsmaßnahmen gegen den Eichenprozessionsspinner eingehen. Es stand zur Wahl – mechanisch oder chemisch. Wir hatten letzten Endes für die mechanische Methode votiert. Darüber können wir auch angesichts eben genannter Zusammenhänge sehr froh sein. Was die Eichen betrifft, das Bezirksamt kennt die befallenen Eichen persönlich. Das heißt, von der Vielzahl der Eichen auf Lichtenberger Gebiet ist mal gerade ungefähr 1 % befallen.

Unsere Variante wird auch durch Beobachtungen im Berliner Tiergarten unterstützt. Dort wurden mangels Sachkenntnis an Stelle von Eichen andere Bäume besprüht, so zum Beispiel Ahorn und Linden, beides Bienenweiden.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen würde sich aus den genannten Gründen freuen, wenn dieser Antrag eine Mehrheit finden würde.



Drucksache 0791/VII „Endometriosefrüherkennung fördern“

Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,
Endometriose – das Wort muss man erst mal üben, um es richtig aussprechen zu können. So ging es jedenfalls mir. Und auch all denjenigen, die dabei waren, als uns Vertreterinnen der Endometriose–Vereinigung Deutschland baten, sie bei der Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Thema zu unterstützen.

Bei Endometriose handelt es sich um eine Krankheit, die relativ unbekannt ist, obwohl viele Frauen von ihr betroffen sind. Die geschätzten Zahlen liegen zwischen 7 und 15% der Frauen im Alter zwischen 15 und 55 Jahren, also zwischen 2 bis 6 Millionen Frauen in Deutschland.
Jährlich erkranken ungefähr 40.000 Frauen daran. Diese Größenordnung ist vergleichbar denen solcher bekannten Krankheiten wie Brustkrebs und Diabetes. Doch anders als bei diesen gibt es für Endometriose keine systematischen Diagnoseverfahren, viel zu viel Unwissenheit bei Allgemeinmedizinern und Gynäkologen und, was besonders erstaunt: Die Pharmaindustrie hat sich bislang dafür anscheinend überhaupt noch nicht interessiert.

Die betroffenen Frauen müssen einen langen Leidensweg gehen, werden auf verschiedenste Krankheiten hin behandelt, was ihnen natürlich nicht wirklich helfen kann. Nicht selten muss sich eine Frau sogar gefallen lassen, als Simulantin abgestempelt zu werden. Und als Krönung dessen muss sie dann erfahren, dass sie wegen einer über einen langen Zeitraum nicht erkannten und behandelten Krankheit keine Kinder bekommen kann.

Das ist nicht länger hinnehmbar! Es muss ins Bewusstsein der öffentlichkeit gebracht werden, dass Frauen mit unspezifischen Symptomen keine Simulantinnen sind, sondern möglicherweise Endometriose haben. Es muss dafür gesorgt werden, dass standardisierte Diagnoseß und Therapieverfahren einschließlich entsprechender Medikamente entwickelt werden.

Nun, das alles liegt nicht in unserer Hand. Was wir können, ist im Antragstext formuliert – die Lichtenberger Bevölkerung in geeigneter Weise darüber zu informieren. Das könnte ein wichtiger Beitrag sein, den Leidensweg betroffener Frauen zu verkürzen.

Manch einer wundert sich, dass wir hier in letzter Zeit auch über Krankheiten reden. Das muss man korrigieren – wir reden darüber, wie wir mit ihnen umgehen. Und das ist eines jeden Verantwortung. Krankheiten beeinträchtigen nicht nur, sie verhindern die Teilhabe der Betroffenen am gesellschaftlichen Leben. Sie führen oftmals zu Folgekrankheiten nicht nur der Betroffenen, sondern auch von Familienangehörigen. Wenn wir durch unser Handeln dazu beitragen, Krankheiten vorzubeugen oder deren Folgen zu vermindern, dann handeln wir im besten Sinne politisch, nämlich zum Nutzen der Stadt.

Deshalb möchte ich Sie hiermit im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Lichtenberg bitten, sowohl diesem Antrag zu zu stimmen als auch in Ihrem persönlichen Umfeld für das Bekanntwerden und Bekämpfen dieser Krankheit zu werben.



Drucksache 0673/VII „ Anmeldung der Nahverkehrstangente für den Bundesverkehrswegeplan 2015

Herr Vorsteher, sehr geehrte Bezirksverordnete, werte Gäste,
Vor 5 Jahren, am 27. März 2008, habe ich hier ausführlich dargelegt, welche Vorteile eine schienengebundene Nahverkehrstangente hätte, die vom Berliner Norden über Lichtenberg in den Berliner Süden führt und dabei alle Ostberliner Bezirke einbezieht. Grundlage waren Entwürfe, die Verkehrsplaner aus Berlin und Potsdam gemeinsam erarbeitet hatten, wobei sie auch die Anknüpfungspunkte zum Berliner Umland berücksichtigt hatten. Im Stadtentwicklungsausschuss hatten wir damals vor, einen Workshop durchzuführen. Die Gelegenheit dafür ergab sich allerdings nicht, da eine entsprechende Einbindung in Gesamtberliner Verkehrsplanungen nicht erkennbar war.

Heute nun ein neuer Ansatz, denn solch eine schnelle Nord–Süd–Verbindung auf der Schiene gibt es zwischen Pankow, Marzahn–Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow–Köpenick bis heute nicht. Es kommt noch schlimmer: Die seit Jahren bekannten Vorschläge waren kein ausreichender Grund für den Senat von Berlin, eine solche Verbindung für die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan 2015 bis 2030 zu beantragen. Man setzt also einseitig auf eine neue Straße, die Tangentialverbindung Ost (TVO). Und das, obwohl die vorhandenen Schienentrassen nur um einige Teilstücke ergänzt werden müssten und wenige Brücken und natürlich Bahnhöfe gebaut bzw. erweitert werden müssten, wie man auf der beigefügten Karte erkennen kann.

Mit dem Bau der TVO wird eine große Entlastung für Wohngebiete in Biesdorf Süd und Karlshorst versprochen, obwohl die beauftragten Studien das nur zu einem geringen Prozentsatz bestätigen. Weit weniger Mühe hat man sich hinsichtlich dieser Schienenverbindung gegeben; wenn es nach dem Berliner Senat geht, soll sie auch bis 2030 nicht gebaut werden, denn was nicht angemeldet wurde, wird auch nicht geplant und nicht gebaut. Das ist umso unverständlicher, als es viele Menschen, die vom Norden Berlins in den Osten oder den Südosten Berlins fahren möchten, umgekehrt natürlich auch, dazu motivieren würde, mit der Bahn zu fahren. Das ist für eine solche Strecke viel bequemer als das Autofahren und würde auch noch Zeit sparen. Verbindet man das dann mit CarSharing und günstigen Mitnahmemöglichkeiten für Fahrräder wäre das ein Gewinn an Mobilität bei gleichzeitiger Einsparung von CO2 in Größenordnungen und Verminderung des Lärms, also auch ein großer Beitrag zum Umwelt– und Gesundheitsschutz.

Da die neueren Regelungen vorsehen, dass sowohl BürgerIinnen als auch Bezirksämter die Aufnahme eines Verkehrsprojektes in den Bundesverkehrswegeplan beantragen können, bittet die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, diesem Antrag zuzustimmen.

Dabei sind wir uns dessen bewusst, dass die in der Drucksache dargestellte Variante den Bahnhof Lichtenberg im Gegensatz zu der vor 5 Jahren vorgestellten Variante abhängen würde. Wir hoffen, Sie können unserer Überlegung folgen, dass die Aufnahme einer derartigen Verbindung in den Bundesverkehrswegeplan allemal besser ist, als wenn man erst wieder in 15 Jahren darüber spricht. Es hindert uns doch niemand daran, dann weitere Variantenprüfungen einzufordern.



Drucksache 0636/VII „Fahrradkonzeption für den Bezirk Lichtenberg““

Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren

Was lange währt, wird gut.
Ja, diese Fahrradkonzeption hat eine Vorgeschichte, die in die vergangene Wahlperiode zurückreicht. Einige von ihnen erinnern sich – im Mai 2009 führte das Bezirksamt die 2. Radverkehrskonferenz durch. Daran nahmen engagierte Lichtenberger BürgerInnen und VertreterInnen von Vereinen und Initiativen teil. Die praktische Umsetzung des dort Diskutierten entsprach jedoch nicht den Vorstellungen von denjenigen, die um die Probleme und auch die Bedarfe und Möglichkeiten wussten.

In der BVV und im Stadtentwicklungsausschuss wurden zwar einige konkrete Fragen diskutiert, die Forderung nach einer Fahrradkonzeption wurde immer lauter, untersetzt mit konkreten Vorstellungen. Als das im Herbst 2010 dann mal zu Papier gebracht war, Prof. Hofmann von den Linken auf die Bitte meiner Person auch einen Blick darauf warf, gab es dann doch die Befürchtung, damit nicht den richtigen Ansatz gefunden zu haben – so unterblieb die Antragstellung.

Nun vielleicht war das ja gar nicht so verkehrt, denn inzwischen haben sich die Voraussetzungen für das Umsetzen einer derartigen Konzeption wesentlich verbessert. Und vielleicht war es ja auch kein Zufall, als im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Antrag Fahrradkonzeption hier in der BVV im Berliner Senat eine Berliner Radverkehrsstrategie beschlossen wurde. Das Klima war also günstig für eine Diskussion im zuständigen Ausschuss für öffentliche Ordnung und Verkehr, es ging dann eigentlich nur noch um das Wie.

Ich gestehe, das war auch für meine Person recht angenehm – besonders bedanken möchte ich mich im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei allen Mitgliedern des Ausschusses Öffentliche Ordnung und Verkehr und dabei insbesondere bei Frau Feige, der Ausschuss–Vorsitzenden. Nicht vergessen sein soll auch die Unterstützung durch das Bezirksamt in Person von Herrn Dr. Prüfer, der uns einige Hinweise gab.

Außerdem möchte ich diese Gelegenheit nutzen, hier ausdrücklich dem Leiter des Tiefbau– und Grünfläenamtes, Herrn Ehrendreich, für seine bisherigen Aktivitäten zu danken. Es hat sich sicherlich schon herumgesprochen, dass in Lichtenberg in den letzten Jahren weit mehr Mittel für den Ausbau von Radverkehrsanlagen ausgegeben wurden als in anderen Bezirken. Das ist maßgeblich seinem Engagement zu verdanken – er wusste, die Möglichkeiten von EU–Fördermitteln gut zu nutzen. Damit ist es gelungen, einige doch recht attraktive Fahrradrouten durch den Bezirk auszubauen.

Diese vorliegende Fahrradkonzeption nun zielt darauf ab, Lücken zu erkennen und zu schließen und Akteure, wie Wohnungsunternehmen sowie Handels– und Dienstleistungseinrichtungen einzubeziehen, um das Fahrrad für den Alltag attraktiver zu machen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte diese Gelegenheit auch nutzen, Sie darüber zu informieren, dass die gestrige 4. Fahrradkonferenz, die im Auftrag des Bezirksamtes durchgeführt wurde, eine richtig gut gelungene Veranstaltung war. Es gab neben einigen einführenden, das Gesamtanliegen umreißenden Vorträgen rege Diskussionen in Arbeitsgruppen, deren Dokumentation uns sicherlich bald zugehen wird. Ich bedanke mich auch im Namen einiger Gäste beim ausführenden Umweltbüro Lichtenberg für die gute Organisation und freue mich auf die nächsten Veranstaltungen.

Noch eine kleine Information am Rande, gerichtet insbesondere an diejenigen, die neulich bei den Haushaltsberatungen dem Betrag von 20.000 € für die Realisierung der Fahrradkonzeption nicht zustimmen konnten, weil er ihnen nicht ausreichend untersetzt erschien: Die Lichtenberger ADFC–Gruppe wird uns sicherlich bald einige Vorschläge unterbreiten. Die Umsetzung der Fahrradkonzeption hat also schon begonnen, was wollen wir mehr!

Um diesen Schwung gut nutzen zu können, möchte ich Sie deshalb im Namen aller Beteiligten bitten, dieser Konzeption Ihre Zustimmung zu geben.



Drucksache 0260/VII „ Bürgerbeteiligung weiterentwickeln und Ressourcen nutzen“
Auf der BVV am 20. September 2012 war es mir sehr wichtig, zu diesem Antrag der SPD–Fraktion einige Anmerkungen zu machen:

Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,
dem Anliegen dieser Drucksache ist ausdrücklich zuzustimmen. Lässt es doch auf eine mittlerweile gereifte Einsicht schließen, dass man die Kompetenz der Bürger noch weit besser nutzen kann als bislang.

Mit dem hier dargestellten Verfahren lässt sich die Bürgerbeteiligung so organisieren, dass Probleme und Konfliktfelder einerseits, aber auch Potenziale und Ideen andererseits im Vorfeld besser erkannt und diskutiert werden können.

Mit dem Beschluss dieser Drucksache trägt die Bezirksverordnetenversammlung dazu bei, solchen Problemen wie derzeit beim Kulturhaus Karlshorst künftig besser vorbeugen zu können.

Mich persönlich erfreut das auch deshalb ganz besonders, als damit der seinerzeit nur andiskutierte und dann abgelehnte Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Erhöhung der Qualität der Bürgerbeteiligung (DS 818/VI) vom April 2008 von der Tendenz her entsprochen wird. Das lässt auf weitere sinnvolle Entwicklungen in Bezug auf die Einbeziehung von Bürgern in die Vorbereitung von sie betreffenden Entscheidungen schließen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmt deshalb dieser Beschlussempfehlung ausdrücklich zu.


Drucksache 0388/VII „Aufarbeitung der DDR–Jugendhilfe&ldquo
Gleich für die erste BVV am 23. August 2012 wurde ich von meinen MitfraktionärInnen gebeten, diesen Antrag zu begründen

Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Bezirksverordnete, sehr geehrte Gäste,
vermutlich hat die eine oder der andere hier gedacht, dass ich meinen Wiedereinstig in die Bezirksverordnetenversammlung mit dem Thema Fahrrad beginnen würde. Ich gebe zu, das wäre mir wesentlich lieber gewesen, da doch nach vorne weisend und mit der Chance einer künftigen Verbesserung.

Stattdessen halte ich es für äußerst notwendig, sich einem unrühmlichen und finsteren Kapitel der Vergangenheit zuzuwenden. Ihnen allen liegt der Bericht „Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR“ vor, in dem die gesetzlichen Grundlagen, die Strukturen und die konkreten Umsetzungen in Heimen für Kinder und Jugendliche in der DDR dargestellt sind. Es ist gut, dass man nach den großen Veränderungen und persönlichen Anforderungen, die in den neuen Bundesländern seit 1990 viel Kraft und Zeit in Anspruch nahmen, sich nunmehr der Vergangenheit zuwenden kann. Darauf haben viele Betroffene sicherlich schon lange gewartet. Der vorliegende Bericht ist ein erster Schritt, um das menschenverachtende, die Persönlichkeitsrechte mit Füßen tretende System Heimerziehung in der DDR in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Mich hat es sehr erschüttert, obwohl nicht überrascht, mit welch ausgeklügeltem System man hilflose Schutzbefohlene drangsaliert und unterdrückt, ihnen Möglichkeiten der geistigen, beruflichen und emotionalen Entwicklung genommen und sie für das gesamte weitere Leben traumatisiert hat. Es war ein System der Anmaßung, der Selbstgerechtigkeit und Selbstüberhebung, der Willkür und Gewalt, die mitunter vermutlich auch an Folter grenzte.

In dem Bericht werden die verschiedenen Gelegenheiten genannt, die man nutzte, um Familien ihre Kinder zu entziehen. Auch wurden verschiedene Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen aufgezeigt, die zum Vorwand einer Einweisung in ein Heim zur Umerziehung nach Staats– und Parteirichtlinien dienten.

Ich möchte hier auf die Fälle eingehen, der mir besonders verwerflich erscheinen: Dieses System war nur möglich, weil viele daran mitgewirkt haben und immer mögliche Ermessensspielräume in der verwerflichsten und niederträchtigsten Art genutzt haben. Wie man dem Bericht entnehmen kann, spielten die Organe der Jugendhilfe, also auch die Jugendämter, dabei eine nicht unerhebliche Rolle.

Sehr geehrte Bezirksverordnete!
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bittet Sie, diesem Antrag zuzustimmen, damit möglichst viele der heute noch lebenden Opfer spüren, dass sie nicht allein sind bei der Forderung nach Gerechtigkeit und Wahrheit.

Der Antrag wurde einstimmig von den zu dem relativ späten Zeitpunkt noch anwesenden Bezirksverordneten beschlossen.


Letzte Änderung: 25.03.2017