Zu weiteren Themen – Hinweise und Überlegungen zu Beschwerden im Bewegungsapparat
und was Sie durch eigenes Üben selbst tun können – Teil 1
H10 – 19.08.09: Helfen Pilates–Übungen bei Hüftproblemen? –
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H09 – 18.08.09: Koordinierungsübungen für den Alltag –
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H08 – 13.07.09: Muskelaufbautraining –
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H07 – 21.06.09: Was hat der Bauchtanz mit dem Gehen zu tun? –
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H06 – 09.06.09 und 18.08.10: „Sie müssen das Knie besser durchdrücken!“ –
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H05 – 19.05.09: Neuromuskuläre Steuerung und Bewegungsmenge –
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H04 – 22.04.09: Alltagsbewegungen beobachten und erhalten –
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H03 – 03.01.09: Körpergefühl und –wahrnehmung –
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H02 – 02.01.09: Notwendige Übungsmenge –
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H01 – 10.12.08: Hüftgymnastik –
weiter
H10: Helfen Pilates–Übungen bei Hüftproblemen?
„Pilates“. Das scheint inzwischen ein Begriff zu sein, vor allem Frauen fühlen sich von
Pilates–Übungen angesprochen, es gibt diverse Bücher und DVD's, man kann Pilates in Kursen erlernen.
Auch Pilates für Physiotherapie ist schon entwickelt. Nach allem, was ich bislang davon mitbekommen habe, hat sich ein
Schwerpunkt herausgebildet – die Beckenbodenmuskulatur. Sie wird sogar als Kraftzentrum bezeichnet.
Und da beginnt das Problem: Sicherlich ist die Beckenbodenmuskulatur sehr wichtig, ihr Training in
verschiedenen Lebenslagen besonders empfohlen, doch stützt diese Muskulatur uns nicht beim Gehen ab! Dafür
sind andere Muskeln zuständig. Das kann man sich auch ganz einfach aus der Lage dieser Muskeln ableiten: Die
Beckenbodenmuskulatur liegt innerhalb des Beckens und hilft, die im Bauchraum liegende Gebärmutter in ihrer
Position zu halten sowie die Blasenfunktion zu erhalten. Warum diese Muskulatur deshalb als Kraftzentrum definiert
wird, hat sich mir bislang nicht erschlossen. Sollte man nicht als Kraftzentrum den Bereich benennen, der uns
ermöglicht, mit beiden Beinen fest auf der Erde zu stehen und eine Grundfunktion des menschlichen Lebens, die
Fortbewegung, auszuführen? Ich meine ja! Dafür sprechen auch Größe und Kraft all der Muskeln
zusammen genommen, die für das Abstützen beim Gehen, Laufen und Springen zuständig sind.
Und diese Muskeln sind mit den Becken–, Bein– und Rückenknochen verbunden und liegen zum
großen Teil außerhalb des Beckens. Haben sie die nötige Kraft, dann stehen wir fest auf dem Boden
und können uns elastisch, ausdauernd und schnell bewegen. Das Interessante ist dabei ja noch, dass man bei
ausreichender Bewegungsmenge dieser Bewegungsmuskeln die Beckenbodenmuskulatur mit trainiert, so dass man nur in
Ausnahmen ein gesondertes Training dieser Muskulatur benötigt.
Doch das ist so mit Moden – sie haben nur selten einen rationalen Ursprung. So ist es ja auch
interessant, dass Pilates seine Übungen aus einer ganz besonderenSituation heraus entwickelt hat – die
lange Bettlägerigkeit und daraus resultierende Schwäche von im Krieg verletzten Soldaten. Er beobachtete,
dass junge, zuvor gesunde und kräftige, eben Kriegs taugliche Männer kaum noch krauchen konnten, wenn sie
von ihren Verwundungen im Lazarett langsam wieder genesen waren. Für diese hat er die Übungen entwickelt und ich
kann mich der Vermutung nicht erwehren, dass ihn weniger die Beckenbodenmuskulatur interessierte, sondern genau die
Muskulatur, die man zum Stehen, Gehen und Laufen benötigt. Es handelt sich dabei um tief liegende Muskeln, deren
Kraft und Ausdauer beim kindlichen Rennen und Herumtollen entwickelt worden war. Deshalb vermute ich ebenfalls, dass Pilates
sowie die Soldaten diese Muskeln unbewusst trainierten. Da das beabsichtigte Ergebnis, Kraft in der Stützmuskulatur
zu bekommen und wieder einigermaßen gut gehen zu können erzielt wurde, brauchte er sich nicht um die
Benennung zu kümmern. Erschwerend für andere Erklärungsmuster werden folgende Lehrmeinungen hinzu
gekommen sein:
– Diesen tief liegenden Muskeln wird die Funktion der Außenrotation zugesprochen.
– Angeblich wirken Muskeln nur durch Zug.
Beidem muss ich aus heutiger Sicht widersprechen. Die Gründe dafür sind unter den Ausführungen
zur Biomechanik der menschlichen Hüfte auf meiner Internetseite
www.hueftprobleme.net überschaubar dargelegt
Da sowohl Pilates selbst als auch die Soldaten einen sehr guten Trainingszustand hatten und es sich in einem
Kriegslazarett um akute Fälle handelt, werden diese kleinen inneren Glutaeen auch in einem guten Trainingszustand
gewesen sein, die neuromuskuläre Steuerung war noch nicht so „verblasst“, dass man diese Muskeln nicht
normal aktivieren konnte. Pilates konnte also durch wenige Hinweise dafür sorgen, dass die richtigen Muskeln
trainiert wurden, die zu Trainierenden hatten noch das ausreichende Körpergefühl.
Wann und warum daraus dann das Training der Beckenbodenmuskulatur wurde, vermag ich nicht nachzuvollziehen,
wird aber wahrscheinlich etwas mit den oben genannten Lehrmeinungen zu tun haben. Deshalb nützt es Personen mit
Hüft– und Knieproblemen so gut wie nichts, wenn sie Pilates trainieren. Denn bei ihnen muss das
Körpergefühl genau für diese tief liegenden Muskeln, ich nenne sie die kleinen inneren Glutaeen, erst
wieder geweckt werden. Und dafür bedarf es anderer Übungen.
© by Henriette van der Wall, 19. August 2009. Alle Rechte vorbehalten
H9: Koordinierungsübungen für den Alltag
Alles was wir tun erfordert Koordinierungsleistungen des Gehirns. Je öfter Bewegungen wiederholt werden, desto
besser funktionieren sie. Das heißt, es ist notwendig, im normalen Alltag eine Vielzahl von unterschiedlichen
Bewegungen auszuführen, um die Koordinierungsfähigkeit des Gehirns dafür zu erhalten. Da man auch
Zusammenhänge zwischen Koordinierungsvermögen und verschiedenen Erkrankungen erkannt hat, wurden spezielle
Koordinierungsübungen entwickelt. Die DAK hatte vor Monaten in einem ihrer Magazine welche vorgestellt. Ich habe
sie mir angesehen und festgestellt, dass einige von ihnen mit dem täglichen Leben nicht viel zu tun haben, bereits
das Verstehen dieser Übungen einigen Zeitaufwand erfordert. Da sie einen hohen Unterhaltungswert haben, eignen sie
sich allerdings gut als Gesellschaftsspiel.
Möchte man Fertigkeiten verbessern, die man unmittelbar für das tägliche Leben braucht, dann
kann man es sich einfacher machen. Fangen wir mit den Füßen an. Haben Sie schon mal darauf geachtet, wie oft
und wie lange ein Schlagzeuger seine Fußspitzen im Laufe eines Stückes oder eines Konzertes anheben muss?
Wahrscheinlich nicht. Versuchen Sie mal, das eine Viertelstunde lang zu machen – mit jedem Fuß einzeln, mit
beiden Füßen im Wechsel, unterschiedliche Rhythmen, verschiedene Geschwindigkeiten. Ich wette, Sie sind
dann etwas erschöpft, so wie ich auch. Einen Trost gibt es: Man hat etwas zur Sturzprophylaxe getan und beim
nächsten Mal geht’s dann schon besser.
Oder eine andere Bewegung: In den 60er Jahren war der Charleston ein sehr beliebter Tanz. Die verschiedenen Arten,
die Füße zu drehen, mussten erst mal geübt werden – wir Mädchen taten das während des
Schulunterrichtes. Es war sicherlich etwas störend für die anderen, aber auf unsere Bewegungsfähigkeit
und sicherlich auch auf unser Denkvermögen hat es sich günstig ausgewirkt. Wie sieht’s bei Ihnen aus?
Oder bewegen Sie mal die Beine beim Sitzen in unterschiedlicher Abfolge nach beiden Seiten. Das geht auch nicht
so leicht, wie es scheint, oder?
Man kann auch diese Bewegungen zu einem Gesellschaftspiel machen – um Sieger zu werden, muss man schon
eine Weile gehörig üben. Auf jeden Fall hat man sein Koordinierungsvermögen verbessert.
Diese Reihe können Sie nun allein fortsetzen, Ihnen werden ähnliche Übungen für Finger,
Hände, Arme usw. einfallen. Die nächste Stufe sind dann Bewegungen, die man gleichzeitig mit
Alltagsverrichtungen ausführt, zum Beispiel Zähneputzen und leichte Kniebeugen. Auch beim Geschirrabtrocknen
kann man die Beine bewegen.
Wichtig zu wissen ist vielleicht noch, dass durch Bewegung grundsätzlich die Koordination innerhalb eines
Muskels sowie zwischen verschiedenen Muskeln trainiert wird.
Nun bleibt mir nur noch, Ihnen viel Spaß beim Ausdenken und Durchführen von Koordinierungsübungen
im ganz normalen Alltag zu wünschen.
© by Henriette van der Wall, 18. August 2009. Alle Rechte vorbehalten
H8: Muskelaufbautraining
Die im Rahmen der Hüft–Rücken–Knie–Gang–Schule erarbeiteten Übungen
muss man oft ausführen, damit man im Lauf der Zeit eine Verbesserung des Gehvermögens oder andere positive
Auswirkungen spürt. Das schreiben auch einige Kursteilnehmer unter „Resonanz auf die Übungen“.
Wenn das so viel Zeit kostet, warum dann dieses Übungskonzept? Dafür gibt es verschiedene Gründe:
- das Training der neuromuskulären Steuerung erfordert eine große Anzahl von Impulsen, also sehr
viele Wiederholungen gleicher Bewegungsabläufe – siehe dazu auch unter Hinweis 5 auf dieser Homepage
- eine wichtige Methode zur Förderung des Stoffwechsels ist die aktive Bewegung (siehe dazu demnächst
einen Hinweis auf dieser Seite)
- das systematische Muskelaufbautraining erfordert die Berücksichtigung dieser beiden Komponenten.
Die unter der Rubrik „Symptome“ auf dieser Seite genannten Erscheinungsbilder und Beschwerden
lassen auf ein längere Zeit andauerndes falsches Bewegungsmuster und damit falschen Muskeleinsatz schließen.
Das heißt, dass ein Teil der Stützmuskulatur relativ schwach ist. Es ist sogar möglich, dass einige
Muskeln kaum noch kontrahieren, also nur noch wenige Prozent der eigentlich notwendigen Kraft haben. In einem solchen
Fall sollte man kein Krafttraining machen, weil die Muskulatur möglicherweise überfordert und sich
schlimmstenfalls noch weiter zurück bilden würde.
Um dieser Gefahr vorzubeugen, ist ein vergleichbar behutsames und ausdauerndes Training angesagt. Darauf wird
beim Training von Kindern und Jugendlichen für den Leistungssport auf der Grundlage langjähriger wissenschaftlicher
Studien ausdrücklich hingewiesen. Das ist sehr anschaulich bei Jürgen Weineck „Optimales
Training von Kindern und Jugendlichen“ dargestellt.
Eine im Laufe eines längeren Zeitraums geschwächte Muskulatur kann man der Muskulatur eines Kindes
gleichsetzen. Methoden zum Kraftaufbau sollten deshalb vom Leistungssport übernommen werden. Ein gut erkennbares
Symptom für Überforderung durch die Sporttherapie ist der unangenehme Geruch nach Dis-Stress-Schweiß im
Übungsraum. Der Übende strengt sich sehr an, um die Anforderungen des Sporttherapeuten dort im Raum
erfüllen zu können, obwohl er sich dabei überhaupt nicht wohlfühlt. Das sieht man ihm auch an.
Sieht der Übende nach einer Übungsstunde trotz andauernden kontinuierlichen und abwechslungsreichen
Übens jedoch erholt aus, dann war die Übungsintensität bekömmlich, das Gehen fällt ihm
leichter als vorher und er hat Schwung für die nächsten Stunden.
© by Henriette van der Wall, 13. Juli 2009. Alle Rechte vorbehalten
H7: Was hat der Bauchtanz mit dem Gehen zu tun?
Anfang der 90er Jahre boten mehrere Krankenkassen auch Kurse für Bauchtanz an. Diese wurden später
fast alle abgeschafft, da sie angeblich keinen so großen Effekt für die Gesundheit brächten. Da kann man
nur sagen: Jein. Dazu kurz ein Blick auf die Bedeutung und die Ausführung des Bauchtanzes.
Der Bauchtanz oder auch Orientalischer Tanz ist ursprünglich ein Fruchtbarkeitstanz. Das ist insofern
sehr interessant, als der Bauchtanz wesentlich durch die Muskeln gestützt wird, deren vielfache Kontraktion den
Samenerguss beim Mann bewirken. Interessant aber nicht bekannt ist, dass genau diese Muskeln auch den aufrechten Gang
bewirken. Wenn man diesem Zusammenhang mal nachspüren und ihn berücksichtigen würde, gäbe es
vermutlich wesentlich weniger Menschen, die Probleme mit der Hüfte haben.
Leider wird der Bauchtanz in den Kursen oftmals nicht richtig ausgeführt. Das heißt, die
wesentlichen Muskeln wirken nicht so mit wie notwendig. Dadurch werden sie auch nicht so trainiert. Manche setzen
unbewusst die Rückenmuskeln statt dessen ein, so dass mitunter der gegenteilige Effekt eintritt. So
ausgeführt, wirkt der Bauchtanz nur bedingt fördernd auf die Gesundheit.
Da diese wichtige Muskelgruppe jedoch nicht genannt wird, wissen auch die meisten guten Bauchtänzer nicht,
mit welchen Muskeln sie welche ihrer geschmeidigen und rhythmischen Bewegungen ausführen.
Wer wesentliche Grundlagen für den Bauchtanz lernen will, sollte zuerst Körperwahrnehmung und Muskeleinsatz
in der Hüft–Rücken–Knie–Gang–Schule trainieren. Das bringt einen doppelten Effekt:
die Bewegungen beim Bauchtanz werden differenzierter und anmutiger und man beugt Hüft- und anderen Beschwerden
des Bewegungsapparates vor.
© by Henriette van der Wall, 21. Juni 2009. Alle Rechte vorbehalten
H6: „Sie müssen das Knie besser durchdrücken!“
Das hören Patienten mit Kniebeschwerden immer wieder von ihren Ärzten oder Physiotherapeuten. Sie
bemühen sich auch, das zu tun, doch geholfen hat es leider nichts. Das Knie lässt sich nicht durchdrücken,
die Kniebeschwerden sind auch nicht wesentlich zurück gegangen. Dabei ist auch hier die Erklärung ganz einfach:
Man muss die Ursache dafür suchen, dass das Knie beim Gehen immer leicht gebeugt bleibt. Sieht man sich das genauer
an, dann fällt einem auf einmal auf, dass ja auch in der Hüfte eine leichte Beugung besteht.
Daraus ergibt sich die Frage: Besteht zwischen Hüft– und Kniebeugung ein Zusammenhang? Diese Frage
kann mit „Ja“ beantwortet werden.
Die Reihenfolge ist sogar umgekehrt: Die Beugung im Knie ist eine Folge der Beugung in der Hüfte. Vergleicht man
mit dem anderen Bein, dessen Kniestreckung nicht beanstandet wurde, dann fällt einem auf, dass man dort sowohl im
Großen Gesäßmuskel als auch in den rückwärtigen Beinmuskeln eine stärkere Spannung
verspürt. Gut beobachtet! Genau das ist es! Vergleicht man nun beide Seiten, so fällt es einem nicht leicht,
dieselbe Spannungsintensität in den Muskeln auf der Seite mit dem beanstandeten Knie herzustellen, wie auf der
anderen Seite. Es kann sogar sein, dass man bereits den Großen Gesäßmuskel gar nicht anspannen kann.
Das wiederum deutet dann darauf hin, dass er schon sehr lange nicht mehr an Hüft– und Kniestreckung
mitgewirkt hatte.
Wer also ernsthaft etwas dafür tun möchte, dass die durch zu geringen Muskeleinsatz verursachten
Kniebeschwerden sich wieder vermindern, der sollte diese Muskeln täglich gesondert trainieren. Welche Übungen
dafür geeignet sind und wie man üben sollte, kann man in meinen Kursen lernen. Anfangen können Sie
mit den Übungen 3 und 4 auf dieser Seite.
Wenn Sie sich das bildlich vor Augen führen möchten, dann gehen Sie bitte auf meine Internetseite
www.hueftprobleme.net , dort klicken Sie bitte weiter zur Rubrik „Kommentare zu
Auffassungen in der Literatur und Definitionsversuche“ und dann zum Kommentar 6.
© by Henriette van der Wall, 09. Juni 2009. Alle Rechte vorbehalten
Ergänzung:
Vor ein paar Tagen wurde mir berichtet, dass ein Physiotherapeut mit einer Patientin das
„Kniedurchdrücken“ übt. Dabei wurde sie von ihm ausdrücklich darauf hingewiesen, dass
sie nur die rückwärtigen Beinmuskeln dafür einsetzen darf, auf keinen Fall den Großen
Gesäßmuskel. Das leuchtet mir nicht ein.
Als erstes möchte ich das Wort „Kniedurchdrücken“ mit dem Wort Kniestreckung
auswechseln. Denn darum handelt es sich. Das kann man bei genauem Beobachten täglich sehen – Personen
mit einem guten Gangbild strecken das Knie kurz nach dem Abheben des Beins vom Boden mit den auf der Vorderseite
des Oberschenkels befindlichen Muskeln – siehe Figur „d“ in der folgenden Abbildung. Dann
übernehmen der Große Gesäßmuskel sowie die rückwärtigen Beinmuskeln die
Hüft– und damit die Kniestreckung – siehe Figuren „e“ und „a“. So kann es
jeder selbst spüren und so wurde es bei Weineck in seinem Buch „Sportanatomie“ abgebildet.
Abb. Muskelbeteiligung in der hinteren und vorderen Schwung– bzw. Stützphase beim Gehen
a
b
c
d
e
Quelle: Weineck, J.: Sportanatomie, 16. Auflage, Spitta Verlag GmbH & Co. KG, 2003, Seite 231
Was stimmt denn nun? Da man im Leistungssport international seit Jahrzehnten jede geringste Kleinigkeit
ausgiebig untersucht und sich über politische und Ländergrenzen hinweg ausgetauscht hat (davon zeugt
zum Beispiel das akribisch zusammengetragene Literaturverzeichnis in dem genannten Buch), ist es sehr wahrscheinlich,
dass der Sportwissenschaftler Jürgen Weineck die Zusammenhänge richtig dargestellt hat.
Meine Erfahrungen bestätigen das übrigens: Mein rechtes Knie bereitete mir seit früher
Jugend Probleme, die langjährige Orientierung auf das „Kniedurchdrücken“ bewirkte nichts, das Knie
blieb gebeugt. Erst die Hüftstreckung mit konsequentem Training des Großen Gesäßmuskels
brachte die erwünschte Besserung.
© by Henriette van der Wall, 18. August 2010. Alle Rechte vorbehalten
H5: Neuromuskuläre Steuerung und Bewegungsmenge
Die neuromuskuläre Steuerung muss trainiert werden! Das beginnt bereits im Mutterleib. Ein Säugling
bewegt Arme und Beine fast den ganzen Tag. Bewusst wird es jedem Kind, das das Spielen auf einem Instrument
erlernt – erst nach einer großen Anzahl von Bewegungen beginnen die Finger allmählich das zu tun,
was sie sollen. Es dauert mitunter 20 Minuten oder länger, bis die Geläufigkeit des Vortages wieder erreicht ist.
So ist das nicht nur mit den Fingern beim Spielen eines Instrumentes, sondern auch beim Ballett oder dem
Leistungssport, wo für den gesamten Bewegungsapparat deutlich wird – je öfter bestimmte
Bewegungsabläufe geübt werden, umso zuverlässiger funktionieren sie. Das heißt:
- das Gehirn benötigt eine sehr große Anzahl von Impulsen derselben Bewegungsabläufe, bis es
sich diese merkt
- es vergisst diese Bewegungsabläufe sehr schnell und braucht bereits nach kurzer Zeit genügend neue Impulse,
um diese Bewegungsabläufe wieder so gut wie gehabt ausführen zu können (sehr zum Verdruss vieler
Schüler)
Setzt man 8.000 bis 10.000 Schritte an, die man laut Mitgliederinformation der DAK täglich gehen soll, dann
bedeutet das auch, dass die neuromuskuläre Steuerung täglich so viele Impulse braucht, um den komplexen
Bewegungsablauf „Gehen“ richtig speichern und zuverlässig steuern zu können.
Aus Untersuchungen mit Instrumentalschülern weiss man, dass das tägliche Üben von einem Siebtel
einer Wochenmenge effektiver ist, als an einem Tag in der Woche das gesamte Wochenpensum zu absolvieren. Das heißt
für das Gehen: eine tägliche Anzahl von 8.000 bis 10.0000 Schritten dürfte am sinnvollsten sein.
Da es im Leistungssport eine große internationale Konkurrenz gibt, hat man dort vor Jahrzehnten begonnen,
die Übungsinhalte und –methoden durch wissenschaftliche Untersetzung zu effektivieren. Dadurch wurde
bestätigt, dass die für die jeweilige Sportart typischen Bewegungsabläufe sehr oft geübt werden
müssen; die Anzahl der Wiederholungen innerhalb einer Trainingseinheit kann mittlerweile relativ genau
definiert werden. Auch dabei geht es nicht nur um Kraftentwicklung und Energiehaushalt, sondern auch um die
neuromuskuläre Steuerung.
Umso erstaunlicher ist es, dass man in der Physiotherapie diese Erkenntnisse nicht berücksichtigt.
Dort wird bei vielen Übungen angegeben, dass man diese 10 bis 20 mal ausführen soll. Mit dieser Anzahl von
Wiederholungen ist es in den seltensten Fällen getan, da das Gehirn noch schläft. Die Aktivierung der
zuständigen Gehirnzellen wird beendet noch bevor sich die Bewegungsmuster festigen konnten. Die von mir
entwickelte Hüft– Rücken– Knie– Gangschule berücksichtigt diese Zusammenhänge.
© by Henriette van der Wall, 19. Mai 2009. Alle Rechte vorbehalten
H4: Alltagsbewegungen beobachten und erhalten
Immer wieder stelle ich in den Kursen fest, dass die eine oder andere Alltagsbewegung
verloren gegangen ist. Die Bewegungen werden irgendwie ausgeführt, was dem Betreffenden
oftmals nicht bewusst ist. Wenn es ihm bewusst ist, dann nimmt er es schmerzlich und
deprimiert wahr, weiss aber möglicherweise nicht, was er dagegen unternehmen kann.
Da ich auch auf diesem Gebiet meine Erfahrungen sammeln musste, kann ich nur
empfehlen, genauer darauf zu achten, wie man die Alltagsbewegungen ausführt und diese
dann immer wieder mal wiederholen. So kann man sich auch Alltagsbewegungen zurückholen
Denjenigen unter den Lesern, die derartige Erfahrungen noch nicht machen mussten,
kann ich nur empfehlen: Beugen Sie vor und fangen Sie einfach an, ihre Körperhaltungen
und Bewegungsabläufe im Alltag zu beobachten. Hören Sie auch auf Dritte, wenn die
Ihnen etwas Auffälliges über Ihre Körperhaltung oder Ihr Gangbild oder die Art,
sich hinzusetzen oder ähnliches sagen. Sie haben leider Recht! Dritte sehen das
nämlich viel besser als man selbst.
Das wäre auch eine Aufgabe des Sportunterrichtes in der Schule. Damit könnte
man vieles verhindern.
© by Henriette van der Wall, 22. April 2009. Alle Rechte vorbehalten
H3: Körpergefühl und –wahrnehmung
Das sind zwei Begriffe, die ich weder im Sportunterricht noch von Physiotherapeuten gehört habe.
Und auch Sporttherapeuten bestätigten, dass sie erst in jüngster Zeit mit diesen Begriffen in
Berührung kamen.
Wen wundert es da, dass so mancher, der wegen Beschwerden in Hüfte oder Knien, im Rücken
oder in den Oberschenkeln in meine Kurse kommt, damit nichts anfangen kann? Es dauert darum in den meisten
Fällen einige Wochen, bis jeder in der Lage ist, ausgewählte Muskelgruppen gezielt
zu aktivieren. Das gleichmäßige und harmonische Wiederholen eines Bewegungsablaufes ohne Aussetzer
ist dann ein weiteres Problem.
Beim genauen und kleinteiligen Üben bekommen die Kursteilnehmer im Laufe der Zeit mit, wie
viele der Übungen sie nicht auf Anhieb können, wie viele Male sie erneut ansetzen müssen,
um sie einigermaßen gleichmäßig und harmonisch durchzuführen.
Überrascht ist dann auch der eine oder andere, dass sich eine Übung mit der von Beschwerden freien
Seite schlechter realisieren lässt, als mit der Seite, die Schmerzen bereitet. Hatte doch jeder die Auffassung,
dass die Seite, wo keine Beschwerden sind, richtig funktioniert. Leider ein großer Irrtum.
Auch stellt man nach Wochen immer wieder einmal fest, dass man einen Fehler in der Körperhaltung
oder im Bewegungsablauf hat, den man noch niemals wahrgenommen hat.
Die Schlussfolgerung daraus ist:
Falsche Bewegungsabläufe und falscher Muskeleinsatz können nur durch kleinteiliges und ausdauerndes
Üben wahrgenommen und korrigiert werden.
© by Henriette van der Wall, 03. Januar 2009, Alle Rechte vorbehalten
H2: Notwendige Übungsmenge
Die vom Arzt oder Physiotherapeuten ausgehändigten Anweisungen für das häusliche Üben
enthalten auch Angaben zur Übungsmethode. Die Anzahl der Wiederholungen einer Übung bewegt sich dabei meistens so zwischen 10 und 20.
Manchmal wird auch angegeben, wie oft man pro Woche üben soll und wie lange, zum Beispiel wird
bei Horstmann/Haupt (HIT Tübingen 2003) gesagt, dass man die Übungen regelmäßig pro Woche
3 bis 4 mal über jeweils 20 - 30 Minuten absolvieren soll – so am 02.01.09 auf
der Seite www.hueftschule.de gefunden.
Bei wem diese Übungsdauer ausreicht, der hat Glück gehabt und wahrscheinlich nur
ein relativ kleines Problem. Oder es wird das Ziel angestrebt, „den Betroffenen im Alltag Erleichterung
und Schmerzlinderung zu verschaffen“ (zitiert nach siehe oben).
Wer jedoch beabsichtigt, Einkaufstouren oder Museumsbesuche wieder einigermaßen normal absolvieren
zu können oder die angekündigte Endoprothesen-Operation nach hinten verschieben oder gar (wieder)
längere Wanderungen unternehmen möchte, der muss mehr üben. Alles andere ist Augenwischerei!
Die Ursache dafür ist ein über einen längeren Zeitraum eingeschlichenes falsches
Bewegungsmuster und damit ein falscher Muskeleinsatz. Das wiederum führte zu Unterforderungen einiger
und Überforderungen anderer Muskeln. Da es darum geht, dass man wieder besser gehen will, man 8.000 bis 10.000
Schritte täglich gehen muss, ist das der Maßstab, auch für das Üben!
Um also die täglich neu erworbenen Defizite an richtigem Muskeleinsatz einigermaßen ausgleichen zu
können, muss man wesentlich mehr üben, als in den Anleitungsmaterialien angegeben. Und das bedeutet,
bei jeder Gelegenheit üben – beim Fernsehen, beim Gespräch, bei der Hausarbeit, beim Warten auf den Bus
und so weiter. Und dafür braucht man die geeigneten Übungen!
© by Henriette van der Wall, 02. Januar 2009, Alle Rechte vorbehalten
H1: Hüftgymnastik
Vom Arzt oder Physiotherapeuten bekommt man als Anleitung für das häusliche
Üben ein Blatt, auf dem 10 bis 12 Übungen abgebildet und erklärt sind. Das sind
die gleichen Übungen, die man von der Physiotherapie, ambulant oder während einer
Reha-Maßnahme, her kennt.
Betroffene bestätigten mir, dass sie manche der Übungen ohne Unterstützung durch
den Physiotherapeuten zu Hause nicht ausführen könnten. Andere haben das
hinbekommen und zu Hause täglich diszipliniert geübt. Da sie nach einigen Wochen
keinen Effekt verspürten, ihr Gehvermögen mit der Zeit sogar schlechter wurde, haben
sie dann aber resigniert wieder aufgegeben. Das entspricht auch meinen Erfahrungen.
Das wird jedoch von den Orthopäden nicht ausgewertet. Es kann einem sogar widerfahren,
sich den Vorwurf machen lassen zu müssen, man hätte ja wohl nichts getan.
Wohltuend anders verhielt sich die von mir zufällig gefundene Fachärztin für Physiotherapie –
sie stellte bereits in der Eingangsuntersuchung fest, dass die oberflächlich wahrnehmbaren
Muskeln im Gesäß – und Oberschenkelbereich überhaupt nicht funktionierten,
weshalb ich auch nicht gehen könne und dass diese trainiert werden müssen. Sie prüfte
auch als einzige, ob die Physiotherapie etwas gebracht hätte und bestätigte, dass sie gleich
mir keinerlei Veränderung wahrnehmen könne.
Sie konnte mir keine Übungen sagen, bestätigte mir aber die Richtigkeit meiner eigenen
Wahrnehmung. So etwas passiert einem als medizinischem Laien nicht häufig. Dieser Haltung ist
es zu verdanken, dass mein Kopf frei wurde, sich selbst mit der Thematik zu beschäftigen –
die Ergebnisse sind auf meiner Internetseite
www.hueftprobleme.net unter „Biomechanik der menschlichen Hüfte“ nachlesbar und durch Teilnahme an der
Hüft– , Rücken– , Knie– und Gangschule
nachprüfbar.
© by Henriette van der Wall, 10. Dezember 2008, Alle Rechte vorbehalten
Hinweise und Überlegungen zu Beschwerden im Bewegungsapparat
und was Sie durch eigenes Üben selbst tun können
2
3
4
Weitere Ausführungen dazu finden Sie unter
www.hueftprobleme.net
Wenn Sie mit mir zu diesen oder ähnlichen Problemen Kontakt aufnehmen möchten,
dann können Sie mir unter
h-vdw@gmx.net eine eMail schicken.
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19.02.17